English: Systemic risk / Español: Riesgo sistémico / Português: Risco sistêmico / Français: Risque systémique / Italiano: Rischio sistemico

Das Systemische Risiko bezeichnet in der Finanzwelt die Gefahr, dass das Versagen eines einzelnen Marktes, einer Institution oder eines Unternehmens zu einer Kettenreaktion führt, die das gesamte Finanzsystem destabilisiert. Es betrifft nicht nur einzelne Akteure, sondern kann ganze Volkswirtschaften in Mitleidenschaft ziehen. Die Analyse und Bewältigung systemischer Risiken ist daher ein zentrales Anliegen der Finanzmarktregulierung und -aufsicht.

Allgemeine Beschreibung

Ein systemisches Risiko entsteht, wenn die Vernetzung und Interdependenz von Finanzmarktteilnehmern so stark ist, dass ein lokalisiertes Problem sich schnell auf das gesamte System überträgt. Dies kann durch direkte oder indirekte Verbindungen geschehen, etwa durch gemeinsame Kreditausfallrisiken, Derivatepositionen oder Liquiditätsengpässe. Systemische Risiken sind schwer vorhersehbar und können durch Marktmechanismen allein nicht ausreichend begrenzt werden, weshalb regulatorische Eingriffe notwendig sind.

Die Finanzkrise von 2007/2008 ist ein prominentes Beispiel für ein systemisches Risiko. Der Zusammenbruch der US-Hypothekenmärkte führte zu einer globalen Bankenkrise, die durch die Vernetzung der Finanzinstitute und die Verbreitung von toxischen Wertpapieren verstärkt wurde. Solche Ereignisse zeigen, dass systemische Risiken nicht nur einzelne Sektoren, sondern ganze Volkswirtschaften gefährden können.

Die Bewertung systemischer Risiken erfordert eine ganzheitliche Betrachtung des Finanzsystems. Dazu gehören die Analyse von Marktliquidität, der Stabilität des Bankensektors, der Funktionsfähigkeit von Zahlungssystemen und der Resilienz gegenüber externen Schocks. Zentralbanken und Aufsichtsbehörden nutzen hierfür Stress-Tests und makroprudenzielle Instrumente, um potenzielle Krisen frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Technische Details

Systemische Risiken lassen sich in verschiedene Kategorien unterteilen. Dazu gehören Kreditrisiken, Liquiditätsrisiken, Marktpreisrisiken und operationelle Risiken. Kreditrisiken entstehen, wenn eine große Anzahl von Kreditnehmern gleichzeitig ausfällt, was die Bilanzen der Kreditgeber belastet. Liquiditätsrisiken treten auf, wenn Marktteilnehmer nicht mehr in der Lage sind, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, weil sie keine ausreichenden Mittel mehr beschaffen können. Marktpreisrisiken betreffen die Bewertung von Vermögenswerten, die durch plötzliche Preisveränderungen an den Märkten beeinflusst wird. Operationelle Risiken umfassen schließlich Fehler, Betrug oder Systemausfälle, die das Funktionieren des Finanzsystems beeinträchtigen können.

Ein zentrales Konzept zur Bewältigung systemischer Risiken ist die makroprudenzielle Aufsicht. Diese geht über die mikroprudenzielle Aufsicht hinaus, die sich auf die Stabilität einzelner Institute konzentriert. Makroprudenzielle Maßnahmen zielen darauf ab, das Finanzsystem als Ganzes widerstandsfähiger zu machen. Dazu gehören unter anderem die Festlegung von Eigenkapitalanforderungen, die Begrenzung von Kreditvergabe und die Überwachung von Schattenbanken, die nicht den gleichen regulatorischen Anforderungen unterliegen wie traditionelle Banken.

Anwendungsbereiche

  • Bankenaufsicht: Die Überwachung systemischer Risiken ist ein zentraler Bestandteil der Bankenaufsicht. Regulierungsbehörden wie die Europäische Zentralbank (EZB) oder die Federal Reserve in den USA analysieren kontinuierlich die Stabilität des Finanzsystems und ergreifen Maßnahmen, um Krisen zu verhindern.
  • Risikomanagement: Finanzinstitute nutzen verschiedene Instrumente und Modelle, um systemische Risiken zu identifizieren und zu managen. Dazu gehören Stress-Tests, Szenarioanalysen und die Implementierung von Risikolimits.

Bekannte Beispiele

  • Finanzkrise 2007/2008: Der Zusammenbruch des US-Hypothekenmarktes führte zu einer globalen Bankenkrise, die durch die Vernetzung der Finanzinstitute und die Verbreitung von toxischen Wertpapieren verstärkt wurde.
  • Eurokrise 2010-2012: Die Schuldenkrise in einigen Euro-Ländern wie Griechenland, Irland und Spanien bedrohte die Stabilität des gesamten Euroraums und erforderte umfangreiche Rettungsmaßnahmen.

Risiken und Herausforderungen

  • Komplexität: Die Vernetzung und Interdependenz der Finanzmärkte machen es schwierig, systemische Risiken frühzeitig zu erkennen und zu bewerten.
  • Regulatorische Lücken: Schattenbanken und andere nicht regulierte Finanzinstitute können systemische Risiken verursachen, ohne dass ausreichende Aufsicht besteht.

Ähnliche Begriffe

  • Makroprudenzielle Aufsicht: Eine Form der Finanzmarktregulierung, die darauf abzielt, das gesamte Finanzsystem widerstandsfähiger zu machen, anstatt sich nur auf einzelne Institute zu konzentrieren.
  • Mikroprudenzielle Aufsicht: Die Überwachung und Regulierung einzelner Finanzinstitute, um deren Stabilität und Solvenz zu gewährleisten.

Zusammenfassung

Systemische Risiken stellen eine erhebliche Gefahr für die Stabilität des Finanzsystems dar. Sie entstehen durch die Vernetzung und Interdependenz von Marktteilnehmern und können durch lokale Krisen zu globalen Finanzkrisen führen. Die Bewältigung systemischer Risiken erfordert eine ganzheitliche Betrachtung des Finanzsystems und den Einsatz makroprudenzieller Instrumente. Beispiele wie die Finanzkrise 2007/2008 und die Eurokrise zeigen die Bedeutung einer effektiven Regulierung und Aufsicht, um solche Risiken zu begrenzen.

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Hinweis: Die Informationen basieren auf allgemeinen Kenntnissen und sollten nicht als Finanzberatung verstanden werden.